Männer bitte wegkucken!

Der doofe Hut war schiere 70er. Ich fand ihn schön.
Ich habe dieses "Ding" für Brautkleider. Nein, nicht weil ich selbst keines hatte. Schon als kleines Mädchen habe ich meine kulturprotestantisch-agnostische Mutter so lange genervt, bis sie mir - fast - ein Kommunionskleid gekauft hätte. Dabei war ich, ebenfalls zum Kummer meiner Mutter, eigentlich strikt gegen "Feinmachen". Mein liebstes Kleidungsstück war eine, wie man damals sagte, "Nietenhose", die sie mir bei einem Urlaub in der Schweiz gekauft hatte, weil es so etwas damals in Deutschland für Kinder noch nicht gab.
Ich habe einige wenige Regeln, an die ich mich halte:
Keine "Hosen", außer Jeans in der Freizeit und ganz, ganz sicher keine "Hosenanzüge" (was nichts mit Merkel zu tun hat).
Keine kurzen Röcke über 50, auch wenn die Beine immer noch sehenswert sind. Besser, die Leute sagen: "Schade", als: "Das wurde auch Zeit".
Nur klassische Schuhe einer guten Marke, sie halten jahrzehntelang. (Zwei Paare italienischer Pumps, die meine Mutter mir 1984 in München gekauft hatte, habe ich bei meinem letzten Umzug vor zwei Jahren entsorgt. Sie waren modisch und strukturell noch einwandfrei.)
Keine Muster, außer vielleicht einen dezenten Streifen.
Meine vierte Regel "trag schwarz, wenn Du Dir keine Designerklamotten leisten kannst" musste ich leider, seit ich diese übel haarenden weißen Terrier habe, aufgeben.

KEINE Naturfasern und vor allem KEINE dunklen Farben, wenn man weiße Terrier hat.
Die Unschuld täuscht. Sie sind gemeingefährlich.
So weit, so gut und zurück zum Thema.

Bis heute kriegt man mich an keinem Brautmodengeschäft vorbei und von keiner royalen Hochzeit weg. Selbst die unsägliche letzte im Mai habe ich mir so lange angeschaut, bis ich "das Kleid" gesehen hatte.

Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass, als ich vor 20 Jahren im Internet aufschlug, eine meiner ersten Amtshandlungen war, die Seiten der einschlägigen Designer zu besuchen und mir ein umfangreiches Bildarchiv anzulegen. (Das wird noch eine Rolle spielen.) Von Zeit zu Zeit "browste" ich durch mein Archiv, wenn ich etwas einfach nur Schönes sehen wollte, dann war es auch gut.

Vor einigen Wochen verspürte ich, fest die Eindrücke meines Bildarchivs im Kopf, nun wieder den Drang, mich über den Stand der gehobenen Brautmodenindustrie (das ist sie, eine Industrie) zu informieren und war entsetzt. Was früher elegant und, ja, auch "sexy" gewesen war, war nun nuttig und vulgär. Heiratet man heute in sowas kirchlich, war meine erste Frage. (Für die, die es interessiert: ich rede vor allem von "Maggie Sottero" und "Pronovias", die mir seinerzeit besonders gefielen.) Bezeichnenderweise gibt es bei manchen Designern auch eine Linie, die als "modest" (also etwa "züchtig") angeboten wird. Die Kleider sind ideen- und geschmacklos und langweilig, die Modelle fast alle dick. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Um das Ganze mit einer positiven Note abzuschließen: Gestern stieß ich auf einen italienischen Designer namens "La Sposa di Giò". Es geht also! Es geht, modern, innovativ, "sexy" und gleichzeitig klassisch und elegant zu sein. Zugegeben, Frauen mit mehr als einem A-Körbchen dürften hier Probleme haben, aber mir geht es um das Kleid als Kunstwerk, nicht um den praktischen Nutzen.

Die Preise fangen, wie z.B. auch bei "Pronovias", bei 3.500 Euro an. Wenn ich mir die langweilige und schlechtsitzende Givenchy-Nummer der St. Meghan anschaue, die ein Vielfaches, man redet von einem sechsstelligen Betrag, gekostet haben soll, frage ich mich, warum die sich nicht bei den gehobenen Prêt-à-porter-Designern bedienen, aber das würde wohl die gefühlte Einzigartigkeit der Trägerin in Frage stellen.

Schneeflöckchen auf ganz hohem (Preis-)Niveau!

Hier geht's los. Erfreuen Sie sich einfach daran!





Noch einmal: ich sehe diese Kleider als ästhetisches Vergnügen, als Kunstwerke. Die gesellschaftlichen Aspekte habe ich mit Absicht außen vor gelassen. Vielleicht finde ich die Muße, einen Eintrag über den aus Amerika zu uns herübergeschwappten obszönen Hochzeitskult (Danke Feminismus!) zu schreiben, und dann wird's NICHT mehr so nett werden.