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When SJW meets Halbbildung

9 Jahre alter Oldie but Goldie:

Jemand, der Matthias heißt und es daher besser wissen sollte, erklärt uns in der WELT, dass Allgemeinverprollung der Preis der Freiheit sei. Die unsäglichen Namen, mit denen die Kinder des Prekariats für's Leben gezeichnet werden, sind nicht etwa doof und prätentiös, sondern tatsächlich irgendwie kosmopolitisch und liberaliberaliberallala.
Verwundert reibt sich das Land die Augen und bemerkt: Es gibt hier eben doch auch die "feinen Unterschiede", die durch den Soziologen Pierre Bourdieu sprichwörtlich geworden sind. Klassenzugehörigkeit verrät sich auch bei uns nicht nur durch Einkommen und Wohnort. Lange glaubte man ja, solche unsichtbaren Gräben wären eher typisch für England ...
Tja, guter Versuch, aber das sind sie, was Vornamen anbelangt, erst, seit sich die Deutschen entschlossen haben, traditionelle und klassenübergreifende Namen durch würdelose, lächerliche und prätentiöse originelle und kosmopolitische abzulösen. Meine Onkel, alle Anfang des vergangenen Jahrhunderts geboren, hießen Heinrich, Ludwig, Paul, Wilhelm und Karl, die Großväter Karl und Heinrich, meine Tanten Charlotte, Helene und Gertrud, meine Mutter Margarethe und deren Mutter Anna. Diese Namen lassen keinerlei Rückschluss auf die Gesellschaftsschicht zu, die Männernamen (außer Ludwig) lassen sich allerdings im norddeutsch-preußisch-protestantischen Milieu "verorten".
In Zwangsgesellschaften gibt es dagegen oft ein kleines Vornamenreservoir: In Europa hießen Kinder früher meist entweder nach der herrschenden Adelsdynastie (weswegen der heute deutschlandweit beliebte Maximilian vor allem im Bayern der Wittelsbacher verbreitet war), oder sie hatten religiös geprägte Namen. In den meisten muslimischen Ländern ist das heute noch so. Während in Deutschland laut der Forscherin Astrid Kaiser die Zahl der Vornamen seit Beginn des 20. Jahrhunderts zunimmt. Cheyenne und Justin sind Herolde der Liberalität.
Matthias, dessen Eltern mehr Stilgefühl bewiesen haben, als ihr Sohn Verstand hat, will uns also allen Ernstes weismachen, dass "ein kleines Vornamenreservoir" eine schlechte Sache sei. Kinder wurden übrigens nicht zwangsweise nach den relevanten Monarchen benannt (Kinder wurden nicht einmal zwischen 1933 und 1945 zwangsweise nach dem geliebten Führer benannt, das taten die Eltern freiwillig), Kinder aller Gesellschaftsschichten, von denen des Monarchen bis hin zu denen des Landarbeiters, wurden eben gleich genannt und zwar nach klassenübergreifenden ethnischen Leitbildern, z.B. auch Heiligen.
Auch die Namen enthüllen noch viel mehr als nur Armut und Reichtum der Eltern. Wer auf einem Zeitungsfoto aus Afghanistan drei Bundeswehrsoldaten mit den Vornamen Mario, Silvio und Henry erblickt, weiß sofort, dass diese aus den neuen Bundesländern stammen.
*Gähn* - Ja, das ist wohl so. Aber was beweist das? Trotz allem enthüllen auch diese Namen VOR ALLEM EBEN den sozialen Status der Eltern. Wer in der "Ehemaligen" wirklich etwas auf sich hält, nennt auch dort seine Kinder nicht Doreen, Mandy, Sindy, Maik, Stiev oder Enrico. Da die Allgemeinverprollung, eine der Segnungen des Arbeiter- und Bauernstaates seligen Angedenkens, auch vor den gebildeteren Ständen nicht halt gemacht hat, gibt es dort zwar mehr dieser Namensmonstren, aber es gibt auch Leute, die Alexander, Jörg oder Katharina heißen, weil sich ihre Eltern, trotz aller historischen Widrigkeiten, Stil, Unterscheidungsvermögen und Geschmack bewahrt haben.

Aber Moment! Irgendwie MUSS doch nachzuweisen sein, dass Namen schon immer was mit pösem Klassendenken zu tun hatten:
Über Thomas Mann hieß es, er sei ein wahrer "Namenszauberer" gewesen. Er wusste natürlich, dass es schon im 19. Jahrhundert klassenspezifische Namen gab. Das wird sehr deutlich bei der Schilderung der Lübecker 1848er-Revolution in "Buddenbrooks", wo Johann Buddenbrook in Begleitung von Leberecht Kröger dem Wortführer der rebellischen "Canaille" entgegentritt. Dieser heißt Corl Smolt, und sein Name (die niederdeutsche Form von Karl plus das niederdeutsche Wort für Schmalz) verrät ihn eindeutig als Angehörigen der Lübecker Unterschicht. Ein Kevin seiner Zeit. Während Leberecht Kröger ganz klar der Name eines Senators mit pietistischem Hintergrund ist.
Den Namen Leberecht haben mit Sicherheit pietistische Eltern aller Gesellschaftsschichten ihren Kindern gegeben, Corl Smolt ist eben Mannsche Lautmalerei die nix beweist (im Kirchenbuch wird der Mann Karl geheißen haben), und wenn "Smolt", Schmalz, ein Hinweis auf eine Herkunft aus der Unterschicht sein soll, dann würde mich mal interessieren, wie das die Mitglieder der adligen Familie Kortzfleisch denn so sehen.

Aber Matthias kann auch anders:
Cheyenne und Justin sind Herolde der Liberalität.

Und wenn sie in der Schule schlechter behandelt werden als Sarah oder Jakob, ist das ja auch eine Art ausgleichende historische Gerechtigkeit. Es gab mal eine Zeit, in der gerade Träger dieser Namen in Deutschland überhaupt keine Bildungschancen hatten.
Klar, haben die Gören nicht anders verdient. Ihr Urgroßvater war ja Nazi. Womit die Grenze vom Dämlichen zum Geisteskranken überschritten wäre, und daher höre ich jetzt auf.

Sprachverwahrlosung und Manieren

Ich habe neulich auf Twitter schwer Anstoß erregt. Warum? Weil ich, wenn mich dort jemand duzt, den Spruch parat habe, dass ich mich nicht erinnern könne, dass man schon gemeinsam Schweine gehütet hätte. Das bringt die Leute völlig um ihr Bisschen Restverstand. (Ich muss dazu sagen, dass ich das nicht mache, wenn jemand ansonsten höflich ist, dann sieze ich nur zurück.) Dann kommt IMMER die Antwort, dass Siezen etwas mit Respekt zu tun habe und dass man mir den verweigere (schließlich bin ich ja anderer Meinung).

Nein, Siezen hat nichts mit Respekt zu tun. Es hat etwas mit MANIEREN zu tun und die wendet man jedem gegenüber und immer an, Respekt oder nicht. Ich bezweifle, dass Ludwig XVI und Marie Antoinette auf dem Schaffott ihre Henker respektiert haben.

Das ist selbstverständlich zu hoch für diese, naja, Klientel, hat aber den wunderbaren zusätzlichen Nebeneffekt, dass man diese Leute mit dem Kniff, auch unter heftigstem verbalen Unterschichtenbeschuss scheißfreundlich zu bleiben, die Wand hochtreiben kann, vor allem, wenn man seine Antworten mit "Gute Frau..." (es sind übrigens tatsächlich meistens Frauen, die sich über mich aufregen) beginnt.

Ich bin aber auch der Ansicht, dass unsere schöne deutsche Sprache es nicht verdient, dieses wunderbaren Stilmittels beraubt zu werden. Wie kann man schließlich besser sein Missfallen ausdrücken und gleichzeitig höflich bleiben, als durch Entzug des "Du".

Was uns zu Onlinehändlern bringt. Auch dort wird zunehmend geduzt. (In diesem Zusammenhang Hut ab vor DEICHMANN. Die setzen nicht voraus, dass Leute, die billige Schuhe kaufen, auch Prolls sind.) Leider praktiziert mein für mich wegen seines guten Preis-Leistungsverhältnisses unverzichtbarer Klamottenprovider (How's THAT for Sprachverwahrlosung?) auch diese Unsitte, was ich um so weniger verstehe, da er Größen bis in Landwal-Dimensionen anbietet und schließlich sind es zwar auch, aber eher weniger, Teenager, die so fett sind.

IKEA habe ich deswegen schon beleidigende Notizen in ihren Briefkästen hinterlassen, auch Manieren haben ihre Grenzen.

Das war's!

Männer bitte wegkucken!

Der doofe Hut war schiere 70er. Ich fand ihn schön.
Ich habe dieses "Ding" für Brautkleider. Nein, nicht weil ich selbst keines hatte. Schon als kleines Mädchen habe ich meine kulturprotestantisch-agnostische Mutter so lange genervt, bis sie mir - fast - ein Kommunionskleid gekauft hätte. Dabei war ich, ebenfalls zum Kummer meiner Mutter, eigentlich strikt gegen "Feinmachen". Mein liebstes Kleidungsstück war eine, wie man damals sagte, "Nietenhose", die sie mir bei einem Urlaub in der Schweiz gekauft hatte, weil es so etwas damals in Deutschland für Kinder noch nicht gab.
Ich habe einige wenige Regeln, an die ich mich halte:
Keine "Hosen", außer Jeans in der Freizeit und ganz, ganz sicher keine "Hosenanzüge" (was nichts mit Merkel zu tun hat).
Keine kurzen Röcke über 50, auch wenn die Beine immer noch sehenswert sind. Besser, die Leute sagen: "Schade", als: "Das wurde auch Zeit".
Nur klassische Schuhe einer guten Marke, sie halten jahrzehntelang. (Zwei Paare italienischer Pumps, die meine Mutter mir 1984 in München gekauft hatte, habe ich bei meinem letzten Umzug vor zwei Jahren entsorgt. Sie waren modisch und strukturell noch einwandfrei.)
Keine Muster, außer vielleicht einen dezenten Streifen.
Meine vierte Regel "trag schwarz, wenn Du Dir keine Designerklamotten leisten kannst" musste ich leider, seit ich diese übel haarenden weißen Terrier habe, aufgeben.

KEINE Naturfasern und vor allem KEINE dunklen Farben, wenn man weiße Terrier hat.
Die Unschuld täuscht. Sie sind gemeingefährlich.
So weit, so gut und zurück zum Thema.

Bis heute kriegt man mich an keinem Brautmodengeschäft vorbei und von keiner royalen Hochzeit weg. Selbst die unsägliche letzte im Mai habe ich mir so lange angeschaut, bis ich "das Kleid" gesehen hatte.

Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass, als ich vor 20 Jahren im Internet aufschlug, eine meiner ersten Amtshandlungen war, die Seiten der einschlägigen Designer zu besuchen und mir ein umfangreiches Bildarchiv anzulegen. (Das wird noch eine Rolle spielen.) Von Zeit zu Zeit "browste" ich durch mein Archiv, wenn ich etwas einfach nur Schönes sehen wollte, dann war es auch gut.

Vor einigen Wochen verspürte ich, fest die Eindrücke meines Bildarchivs im Kopf, nun wieder den Drang, mich über den Stand der gehobenen Brautmodenindustrie (das ist sie, eine Industrie) zu informieren und war entsetzt. Was früher elegant und, ja, auch "sexy" gewesen war, war nun nuttig und vulgär. Heiratet man heute in sowas kirchlich, war meine erste Frage. (Für die, die es interessiert: ich rede vor allem von "Maggie Sottero" und "Pronovias", die mir seinerzeit besonders gefielen.) Bezeichnenderweise gibt es bei manchen Designern auch eine Linie, die als "modest" (also etwa "züchtig") angeboten wird. Die Kleider sind ideen- und geschmacklos und langweilig, die Modelle fast alle dick. Man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Um das Ganze mit einer positiven Note abzuschließen: Gestern stieß ich auf einen italienischen Designer namens "La Sposa di Giò". Es geht also! Es geht, modern, innovativ, "sexy" und gleichzeitig klassisch und elegant zu sein. Zugegeben, Frauen mit mehr als einem A-Körbchen dürften hier Probleme haben, aber mir geht es um das Kleid als Kunstwerk, nicht um den praktischen Nutzen.

Die Preise fangen, wie z.B. auch bei "Pronovias", bei 3.500 Euro an. Wenn ich mir die langweilige und schlechtsitzende Givenchy-Nummer der St. Meghan anschaue, die ein Vielfaches, man redet von einem sechsstelligen Betrag, gekostet haben soll, frage ich mich, warum die sich nicht bei den gehobenen Prêt-à-porter-Designern bedienen, aber das würde wohl die gefühlte Einzigartigkeit der Trägerin in Frage stellen.

Schneeflöckchen auf ganz hohem (Preis-)Niveau!

Hier geht's los. Erfreuen Sie sich einfach daran!





Noch einmal: ich sehe diese Kleider als ästhetisches Vergnügen, als Kunstwerke. Die gesellschaftlichen Aspekte habe ich mit Absicht außen vor gelassen. Vielleicht finde ich die Muße, einen Eintrag über den aus Amerika zu uns herübergeschwappten obszönen Hochzeitskult (Danke Feminismus!) zu schreiben, und dann wird's NICHT mehr so nett werden.

Aus der Ur- und Frühgeschichte der Lügenpresse

Dieser SPIEGEL-Artikel (in Nr. 22 von 1952) wird wahrscheinlich nur wenige, außer den Pferdeleuten, die sich hierhin verirren mögen, interessieren. Mir dient er vor allem als Beispiel für die Tradition der unredlichen journalistischen Arbeit des SPIEGEL im Besonderen und für die Fragwürdigkeit von "Enthüllungsjournalismus" allgemein.

Ich hoffe, ich habe das auch für Nicht-Pferdeleute lesbar und vielleicht sogar interessant aufbereitet, denn interessant ist es allemal und beileibe nicht nur aus hippologischer Sicht.

Hintergrund ist das katastrophale Abschneiden der deutschen Springreiterequipe beim Preis der Nationen in Rom 1952, der erste, an dem deutsche Reiter nach dem Krieg nach einer Zwangspause von 11 Jahren wieder teilnehmen durften. Der SPIEGEL macht sich hier zum Sprachrohr eines (zweifellos eminenten) Züchters von blutgeprägten Pferden. Er wettert gegen die "dicken, schweren Warmblüter", mit denen die Deutschen beritten waren und gegen den damaligen großen alten Mann der deutschen Reiterei, vom SPIEGEL hämisch-witzisch "Napoleon des Turniersports" genannt, Oberlandstallmeister Dr. Gustav Rau, der seinerzeit für das Olympiadekommittee Pferde ankaufte.

Historischer Hintergrund: Nach dem Krieg und dem Zusammenbruch der Offizierstradition, wurden die Reiter aus den Kreisen der ländlichen Reiterei rekrutiert. Zweifelsohne ein wichtiger Wendepunkt, der völlig andere Umstände in der Ausbildung von Reiter und Pferd, sowie eine ganz neue Organisation erforderte.

Exkurs: Dass in diesem Artikel ein junger Reiter, wegen seines Mangels an Tischmanieren und weil Vadda ihm einen Smoking gekauft hatte (den er wohl eher NICHT bei der Papstaudienz getragen haben dürfte, sofern diese nicht abends stattfand, aber die Pointe war wohl zu gut für den SPIEGEL-Schmock, um ihr zu widerstehen - ein Bauer im Smoking, wo gibt's das denn?) lächerlich gemacht wird, ist unerträglich. So etwas wurde dann bei diesem Qualitätsmedium Tradition.

Ja, was da in Rom abgelaufen war, war in der Tat katastrophal, beschämend, entwürdigend für eine alte Reiternation, die einmal die Turnierplätze der Welt, mal weniger, meist mehr, beherrscht hatte. Für den eminenten Züchter blutgeprägter Pferde, war die Sache klar:
Die großen Reiter des Auslandes reiten "schnell" mit dem Kopf und den Augen. Sie siegen meist schon kurz nach dem Start und vor dem Ziel, weil sie fliegend durch die Startlinie gehen und weil sie wie zu einem Finish nach dem letzten Hindernis auf den letzten Metern aufdrehen. Jegliche Möglichkeit, unterwegs schneller zu reiten, nutzen sie, schneiden die Kurven, springen manchmal auch schief, gehen fliegend über Hoch-Weitsprünge und in großer Fahrt in die Kombination.
Das alles erfordert höchstens mittelgroße, edle schnelle Pferde mit viel Blut, viel Herz und Intelligenz, Pferde mit bedeutendem Galoppiervermögen und großer Springroutine. Die deutschen Pferde in Rom aber waren teilweise zu schwer oder zu heftig.
Und:
Das ist ... die Schuld des Oberlandstallmeisters a. D. Gustav Rau, der in der Hauptsache allein über den Ankauf der Pferde für den Stall des DOK entschied und überwiegend schwere Warmblüter ankaufte. "Gegen den Typ des in Warendorf vertretenen Springpferdes für moderne Anforderungen haben deutsche Fachleute wiederholt Bedenken geäußert." Im Ausland werden hochgezüchtete Springpferde und Vollblüter bevorzugt.
Thiedemann und sein 13-Zentner-Moritz Helsinki 1952 auf dem Weg zur Bronzemedaille.
Und jetzt kommt es: Schon nur zwei Monate später, bei den Olympischen Spielen in Helsinki, erritt sich der Landwirt und Ex-Unteroffizier der Kavallerieschule Hannover Fritz Thiedemann auf dem Holsteiner Meteor (dessen Spitzname, notabene, "der Dicke" war), auch Thiedemann und Meteor hatten der Katastrophenequipe von Rom angehört, die Bronzemedaille. Meteor hatte, bevor man sein Springtalent entdeckte und er noch Moritz hieß, bei einem Bauern den Wagen gezogen. Die deutsche Mannschaft (zwei der drei Reiter waren in Rom dabeigewesen) landete auf einem ehrenvollen 6. Rang.

Der ehemalige Moritz stieg im Laufe der Jahre zum erfolgreichsten Springpferd seiner Generation weltweit auf.

Die Bronze-Dressurmannschaft. VLNR Heinz Pollay (der doppelte Goldmedaillist 1936) mit Adular, Ida von Nagel mit Afrika und Fritz Thiedemann mit Chronist XX. Adular und Afrika waren hoch im Blut stehende Warmblüter von dem Trakehner Oxyd, Chronist XX war ein Vollblüter. Thiedemann erritt sich einen ehrenvollen 12. Rang.
Interessante Abschweifung: Fritz Thiedemann erritt sich mit der Dressurmannschaft in Helsinki eine weitere Bronzemedaille, eine Leistung, die lediglich ein Schwede 1920 vorweggenommen hatte, danach niemand mehr, heute wäre sie undenkbar. Die Pferde wurden übrigens von dem eminenten Kritiker der "dicken, schweren" Warmblüter, auf den sich der SPIEGEL berufen hatte, gezüchtet und gestellt und waren, selbstverständlich, blutgeprägt. Später sah man dann auch, nachdem statiöse Pferde in diesem Sport in Mode gekommen waren, im Dressurviereck eher schwere, dicke Warmblüter als leichte, elegante Blutpferde, etwas, das beweist, dass die Wahl des Pferdes immer eher vom Zeitgeschmack, als von der Leistung abhängig war. Dressur und Springen konnten (und können) nämlich beide.

Übrigens erritten sich in Helsinki die deutschen Vielseitigkeitsreiter, zwei Tierärzte und ein Landwirt, ebenfalls auf dicken deutschen Warmblütern, eine Bronze- (Dr. Wilhem Büsing, Einzel) und eine Silbermedaille (Mannschaft), und das in einer Sparte der Reiterei, die damals wie heute nun wirklich hoch im Blut stehende Pferde erfordert. Alle drei Pferde waren Hannoveraner ohne hohen Blutanteil.

Angesichts der Umstände eine echte Sensation, aber seien wir dankbar, dass die Vielseitigkeit ein vom nicht-fachkundigen Publikum unbeacheter Nischensport war, sonst wäre dem SPIEGEL sicher noch die eine oder andere auflagenstärkende Widerwärtigkeit eingefallen.

Dr. Wilhelm Büsing, Bauernsohn aus Oldenburg, auf Hubertus in Helsinki auf dem Weg zur Bronzemedaille. Der Wallach wurde später erfolgreich bis zur S-Dressur gefördert. Dr. Büsing wurde 1945 mit einer Arbeit über das Oldenburger Pferd promoviert. Er gab mit 70 seine Praxis auf und widmete sich nur noch der Pferdezucht. Vor zwei Jahren konnte er bei bester Gesundheit seinen 95sten Geburtstag feiern.

Der gebürtige Ostpreuße Dr. Otto Rothe auf Trux von Kamax in Helsinki. Sein Vater, Karl Rothe-Samonienen, war der Züchter der Dressur-Olympiapferde Kronos und Absinth, Gold- bzw. Silbermedaille in der Einzelwertung und Mannschaftsgold in Berlin 1936. Otto Rothe kam als Veterinäroffizier der Bundeswehr durch einen Unfall bei einem Manöver in Bad Reichenhall 1970 um's Leben.

Klaus Wagner, Gutsbesitzer und Pferdezüchter aus Niedersachsen, auf Dachs (Ort und Datum unbekannt). Wagner war viermal Mitglied der deutschen Olympiamannschaft der Vielseitigkeit, 1972 in München mit 50 Jahren zum fünften Mal als Reserve. Klaus Wagner starb 2001.
4 Jahre später konnte Deutschland in Stockholm sowohl die Einzel- als auch die Mannschaftsgoldmedaille gewinnen. Zwei der drei Pferde waren "schwere, dicke Warmblüter", eines, die legendäre Halla, eine Traberkreuzung.

Der deutschen Equipe wird ihre Goldmedaille von Avery Brundage überreicht. VLNR der holsteiner Bauer Fritz Thiedemann mit dem Holsteiner Meteor, der de-facto Berufsreiter Hans-Günther Winkler mit der Traberkreuzung Halla, der erst 26jährige westfälische Bauernsohn Alfons Lütke-Westhues mit der Westfälin Ala. Die enorme Bemuskelung und Kondition dieser Stute war der Tatsache geschuldet, dass sie, wie ihr Mannschaftskamerad Meteor-Moritz, bis zu ihrer Entdeckung vor Pflug und Wagen gegangen war.
In der Vielseitigkeit, damals in Deutschland in Erinnerung an die Offizierssport-Tradition noch nostalgisch "Military" genannt, konnten die Deutschen, ebenfalls wie in Helsinki mit dicken, schweren Warmblütern ohne nennenswerten Blutanteil, und auch wieder Hannoveraner, beritten, an die Erfolge von Helsinki anknüpfen und diese sogar mit der Mannschafts- und einer Einzel-Silbermedaille übertreffen. Sie hatten sich damit, wie schon in Helsinki 1952, gegen die angelsächsischen Reiternationen und andere, die auf Blutpferde aus England und Irland zurückgriffen, mehr als tapfer geschlagen.

VLNR der westfälische Bauernsohn August Lütke-Westhues mit Trux von Kamax (Einzel-Silbermedaille), der Gutsbesitzer Klaus Wagner aus Niedersachsen mit Prinzeß (im Pedigree der Stute kam erst nach vier Generationen Vollblut vor) und der Tierarzt Dr. Otto Rothe mit Sissi.

Übrigens griffen selbst Reiter aus Nationen, denen traditionell eigene indigene Blutpferde zur Verfügung standen, auch schon mal auf dicke, schwere deutsche Warmblüter zurück.

Der Spanier Francisco Goyoaga, erster Weltmeister der Springreiter 1953, hier in Stockholm 1956. Wochen später wurde er mit diesem Pferd Vizeweltmeister in Aachen, 1957 gewann er mit ihm die Großen Preise von Aachen und Genf. Es hieß Fahnenkönig und war ein Hannoveraner ohne nennenswerten Blutanteil. Wahrscheinlich konnte sich der Juwelier aus einer alten Reiterfamilie nichts Besseres leisten.
Und um das Ganze zu einem guten Ende zu bringen, hier ein Bild aus der ruhmreichen Vergangenheit der deutschen Springreiterei, als noch nicht irgendwelche Bauernlümmel auf eben mal ausgespannten Ackergäulen, sondern Offiziere und Herren auf edlen Blutpferden...

Es war nicht ganz so.

Ja, die erfolgreichen Nationenpreisreiter der 1930er Jahre waren allesamt Offiziere der Kavallerieschule Hannover, hier in Berlin 1933. VLNR Equipechef Wolfgang Freiherr von Waldenfels, Richard Sahla, Hermann Freiherr von Nagel-Itlingen, Heinz Brandt und Harald Momm. Aber beritten waren auch sie (meist) auf... Sie ahnen es und dieses Bild zeigt es - dicken, schweren Warmblütern.


Ein Einzelfall?

Nicht wirklich. Hier ist eine weitere schöne Ramsnasenparade.

Equipechef Freiherr von Waldenfels ist hier mit Harald Momms Baccarat beritten. Der Wallach war allerdings kein dickes, schweres deutsches Warmblut, sondern ein englisches Halbblut unbekannter Herkunft. Es kostete Momm (hier mehr über ihn) einige Anstrengungen, um diese Tatsache während der 1000 Jahre nicht allzu bekannt werden zu lassen.

IN YOUR FACE SPIEGEL!

Ich war kaum geboren, als dieser Artikel erschien, aber spätere SPIEGEL-Ergüsse über den Reitsport haben mich schon als halbes Kind denken lassen, dass, wer bei einem Thema unredlich ist, es vermutlich auch bei anderen ist, deren Inhalt man mangels Hintergrundwissens nicht beurteilen kann.

Einmal ein Drecksblatt, immer ein Drecksblatt.

(17.03.2018)

Der kleine Maulwurf und der Prinz - Ein Märchen


Es war einmal eine so grade noch junge Frau aus einem fremden Land, die für alles Gute in dieser Welt stand und so das Herz eines von ihrer Güte überwältigten stattlichen Prinzen eroberte

Ihre Güte war so zeitgeistkonform, dass sie sogar das harte Herz der bösen Königin zum Schmelzen brachte... Nun, es war nicht ganz so.

Hinter den Kulissen machte die Demnächst-Prinzessin bereits eine Menge Fehler, die die Skandalpresse veranlasste, sie mit dem schönen Spitznamen "Princess Pushy" zu belegen. "Pushy", liebe Nicht-Anglophone, heißt in diesem Zusammenhang so etwas wie "über-ehrgeizig und um jeden Preis auf sozialen Aufstieg bedacht".

Die Trump-Hasserin, die sich gerne in der Rolle einer "linken Aktivistin" sieht, war stinksauer, als ihr Prinz von ihr verlangte, einen Ehevertrag zu unterschreiben und bekam einen Wutanfall, als man sich auch noch weigerte, ihren Freund, Ex-Präsident Obama, zur Hochzeit einzuladen. Das wurde - es gibt noch Gerechtigkeit - mitgehört und der Presse zugespielt, und so etwas mag die böse Königin nicht, und was die alte Dame dann tat, kam für die Demnächst-Prinzessin durchaus unerwartet und daher als "brutale Überraschung".

SUN, ein Revolverblatt, das selbst unsere Hure der Cäsaren, BILD, noch als Ausbund journalistischer Ethik erscheinen lässt, berichtete: "Harry und seine Verlobte Meghan Markle haben ihrem Stab mitgeteilt, dass sie den früheren US-Präsidenten und seine Frau Michelle am 19. Mai an ihrem großen Tag dabeihaben wollen. Die Abneigung des jungen Paares gegenüber dem neuen Präsidenten ist wohlbekannt."

Nunja, nein. Eine Meinung des Prinzen über Präsident Trump ist NICHT bekannt. Es ist Gesetz, dass die Mitglieder des Königshauses in politischen Angelegenheiten strengste Neutralität zu wahren haben. Das entspricht ihrer uralten Rolle als bloße Repräsentationsfiguren und "Botschafter des guten Willens". (Inwieweit Pushy die Familie, in die sie einheiratet, hier in Verlegenheit bringen wird, ist Spekulation, aber mein Geld ist auf "oft". Diese Frauen können nicht anders.)

Es ist vielmehr die Abneigung der Demnächst-Prinzessin, die "wohlbekannt" ist, und man kann davon ausgehen, dass Pushy ihrem Prinzen mit jeder, aber auch JEDER, der zahllosen Unverzeihlichkeiten des derzeitigen Präsidenten in den Ohren gelegen hat. Wen sie allerdings damit nicht erreichen konnte, war die Person, die tatsächlich das Sagen hat - die Monarchin.

Es spricht einiges dafür, dass die hartherzige Königin, im Gegensatz zum Rest der Menschheit, nicht von dem Obamas bezaubert ist. Nile Gardiner, früherer Berater Margaret Thatchers und ein Freund der alten Dame, weiß, warum die Obamas nicht zu der königlichen Hochzeit eingeladen werden.

Was Gardiner mittelte, war, kurz, dass Barack Obama, der Ex-Präsident, England ablehnt und sich in seiner Amtszeit der Königin und ihren Volk gegenüber respektlos aufgeführt habe. Als Beispiel nannte Gardiner die Büste Winston Churchills, die von Obama an den Absender zurückging. Weitere Beispiele wären die DVDs, die der damalige Premier Gordon Brown als Gegengeschenk für einen Federhalter aus dem Holz der HMS Gannet erhalten hatte, oder der iPod mit seinen eigenen Reden für die Königin. Oder dass der damalige Präsident in Afrika gern lobend auf die Unabhängigkeitsbemühungen von England hingewiesen, aber nicht viel darüber zu sagen hatte, dass es größtenteils der Royal Navy zu verdanken war, dass der Sklavenhandel gestoppt wurde. Geschichtsvergessenheit in ihrer schönsten Form. Hauptsache, man kann sein Ressentiment abladen. Sie können nicht anders.

Sei es wie es wolle, Pushy kann so viel Schreikrämpfe, wie sie will, wegen ihres "linken Aktivismus" und ihrer Liebe zu den Obamas haben, und Harry kann in einem Interview nett zu Barack sein, aber die Königin kauft das nicht. Die Obamas werden nicht eingeladen. Akte geschlossen, so Gardiner.

Ich glaube übrigens nicht, dass der epische Protokollverstoß der Michelle O. damals - man grabscht Mitglieder des Königshauses nicht an - eine große Rolle für die Meinungsbildung der Königin über die Obamas gespielt hat. Die alte Dame ist schlecht erzogene Menschen gewohnt und hat darüber vermutlich nur ein mildes Lächeln verloren. SIE ist ja schließlich GUT erzogen. WAS allerdings interessant ist, ist, dass dieser Vorfall bei den üblichen Verdächtigen wenig Reaktionen - zumindest keine negativen - ausgelöst hat, wohingegen der Protokollverstoß von Präsident Trump, er hatte der angejahrten Gattin des jungen französichen Regierungschefs öffentlich freundlich-wohlwollend bescheinigt, dass sie "in great shape" sei, nun wirklich epische Reaktionen ausgelöst hatte - allerdings, als habe er den Holocaust geleugnet.

Aber ich schweife ab.

Die Königin geht vorsichtig vor. Keine Westminister Abbey oder St. Paul’s Cathedral für den kleinen Maulwurf. Die Monarchin hat nur eine zweitklassige Bude im Windsor Castle genehmigt. Auch muss die Demnächst-Prinzessin offiziell in der CoE getauft werden, religiösen und Unterricht in Dingen der Moral über sich ergehen und sich konfirmieren lassen, bevor sie Harry heiratet. Eine weitere "brutale Überraschung", die überhaupt nicht zu Pushys "linkem Aktivismus" passen will.

Ein Ehevertrag aber keine Obamas, keine Westminister Abbey oder St. Paul’s Cathedral, aber all' die religiösen Zumutungen. Es ist vielleicht doch eher ein Drama und kein Märchen.

Ich mag Harry. Sehr. Der Kerl hat Knochen im Schnurrbart. Was mich jedoch wundert, ist sein Hang zum Vulgären bei der Wahl seiner "armpieces", bislang unbekannt in der Familie. (Onkel Andrew lassen wir jetzt 'mal weg.) Und obwohl auch meine Abneigung gegen seine Mutter "wohlbekannt" ist, kann ich nur sagen, dass sie, bei all' ihren sonstigen Defiziten, eines nicht war - vulgär, selbst dann nicht, als ihre Erscheinung lange von "English Rose" zu "hart wie Kruppstahl" gewechselt hatte.

Harrys einzige wirklich lange Beziehung, Chelsy Davy (allein der Vorname tut weh), kam zwar auch als, naja, nicht sehr fein 'rüber, aber immerhin ist sie heute Rechtsanwältin und keine drittklassige amerikanische Schauspielerin. Sein anderes etwas längeres Verhältnis war das mit der entzückenden Cressida Bonas (Bild rechts, mit Harry beim Glastonbury Festival), einer Aristokratin. Sie fühlte sich der ihr bevorstehenden Rolle nicht gewachsen, wissen doch Mädchen mit diesem familären Hintergrund, anders als Hollywood-Schlampen, die vermutlich meinen, dass die Königin mit ihrer Krone auf's Klo geht, wie es bei Königs zugeht.

Leider sind vor diesen Ausrutschern auch viele der besten Männer, und, wie man sieht, auch Prinzen, nicht gefeit. Ein Offizier und Gentleman, der in Afghanistan gedient und den rigorosen Apache flying test bestanden hat und der nun seine eigene Achtung und die seiner eminenten Familie wegen eines billigen Stücks Hintern auf's Spiel setzt. Erklär mir jemand Männer!

Warum hat die Königin es erlaubt? Hier kann man nur spekulieren. Vielleicht erinnert sie sich an die für alle Beteiligten tragische (in diesem Fall ist das Wort angebracht) Entscheidung, ihre Schwester vor die Wahl zu stellen, entweder in der Familie zu verbleiben oder Group Captain Peter Townsend zu heiraten. Vielleicht an die für alle katastrophal endende erste Ehe, die die Familie ihrem ältesten Sohn aufgezwungen hatte. Peter Townsend war geschieden, eine damals undenkbare Verbindung für eine Tochter und Schwester des weltlichen Oberhaupts der CoE. Camilla Shand, obwohl von aristokratischer Herkunft, hielt man wohl seinerzeit nicht ganz für "königliches Material".

Inzwischen hat einer ihrer Söhne und derjenige ihrer Enkel, der vielleicht einmal König von England sein wird, jeweils eine junge Frau aus der Mittelschicht und ihr ältester Sohn in zweiter Ehe seine damals nicht ganz passende Jugendliebe geheiratet - alle mit großem Erfolg. Auch das mag eine Rolle gespielt haben.

Vielleicht ist sie auch einfach nur zu alt und zu müde, um sich noch gegen die Zeitläufte wehren zu können.

Gott schütze die Königin!