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Das missrathene Weib

John Everett Millais, "Ophelia".
"Prüderie ist das untrüglichste Zeichen des moralischen Verfalls."
Peter Rosegger (1843 - 1918)

John William Waterhouse, "Hylas und die Nymphen".
Die Manchester Art Gallery hatte das Gemälde des Präraffaeliten John William Waterhouse "Hylas und die Nymphen" aus dem Jahr 1896 in vorauseilendem Gehorsam abgehängt. (Inzwischen hängt es wieder.) Stattdessen gab es Platz für "Diskussionsbeiträge". Der Kurator ist, notabene, weiblichen Geschlechts.

John William Waterhouse, "Hylas und die Nymphen", Detail.
Ich weiß, es wurde bereits umfassend diskutiert, möchte aber einiges hinzufügen, das ich in der Diskussion vermisst habe, denn das Ganze hat eine größere Dimension.

John Collier, "Kassandra".
Die Schule, der Waterhouse angehörte, bestand aus einer in der Mitte des 19. Jahrhunderts in England entstandenen Gruppe von Künstlern. Sie nannten sich die "Präraffaelitische Bruderschaft" und schufen den eponymen Präraffaelismus, einen Stil, der stark beeinflusst war von den Malern des italienischen Trecento und Quattrocento, von den deutschen Nazarenern, aber auch von Künstlern der italienischen Renaissance wie Botticelli und Raffael, obwohl sie sich eher in der Tradition der Maler vor diesen (eben "Prära...") sahen.

Die Entfernung des Bildes sollte  einer Diskussion über "Sexismus" Raum geben, die Nymphen sind - horribile dictu - barbusig.

Ich möchte einige weitere Bilder und Themen dieser Schule vorstellen, um eine Ahnung davon zu vermitteln, an welchem Ast hier gesägt wird.

Ich bin kein Kunsthistoriker, meine Wertung ist daher ganz und gar persönlich, aber wenn ich eine kurze Zusammenfassung liefern müsste, würde ich sagen, dass in den Bildern der Präraffaeliten die Darstellung weiblicher Schönheit, und nicht nur das, auch die Darstellung weiblichen Geistes, weiblicher Seele und Temperaments, auch die der dunklen Seiten, eine zentrale Rolle spielt.

Dante Gabriel Rossetti,
 "Proserpine".

Die Gestalten sind oft der Griechischen Mythologie, Sagen, Legenden und Märchen entlehnt. Und hier haben wir alles andere als verschüchterte "Mäuse". Hier haben wir ein Monstrum wie Medea, die Seherinnen Kassandra und Pythia, die Hexenmeisterin Circe, die Männer in Schweine verwandelt, oder, aus einem anderen Kulturkreis, Morgan le Fay. Sie sind beeindruckende, respekt-, ja auch angsteinflößende Gestalten, so wie Nimue, The Lady of the Lake, die den armen alten Merlin seines Willens beraubt, von der abgrundtief bösen griechischen Zauberin, die in die deutsche Sprache durch das Tätigkeitswort "bezirzen" Eingang gefunden hat, nicht noch einmal zu reden.

Historische Gestalten wie die Heilige Johanna oder Kleopatra sind ehrfurchtgbietend, ja erschreckend.

Männer werden ebenso oft als Beschützer, wie auch als Opfer von Weiblichkeit abgebildet und Dante Gabriel Rossetti weiß selbst einem grauenerregenden Monstrum wie Medusa noch etwas Schönes abzugewinnen (unten).

Und schließlich sind es ja auch die Nymphen in dem Waterhouse-Gemälde, so unschuldig-niedlich sie auch dreinschauen mögen, diejenigen, die das Spiel gewinnen und den armen Hylas einem nassen Grab überantworten, vulgo: ersäufen. Müsste das dem feministischen Zeitgeist eigentlich nicht gefallen?

Aber darum geht es garnicht.


John William Waterhouse, "The Lady of Shalott".
Es geht auch nicht um die dem Untergang geweihten Frauen, wie Ophelia, Thisbe oder die Lady of Shalott die die Präraffaeliten ebenfalls thematisiert haben, auch hat man nichts gegen die Heilige Johanna.

Aber nun wurde aufgrund der neuen weiblichen Prüderie, die sich als Kampf gegen "Sexismus" tarnt, bereits das erste dieser Meisterwerke abgehängt. Was wird folgen?

Und was ist der Grund?


John William Waterhouse, "Pandora", Detail.
Der Grund ist ein zeitgenössisches Massenphänomen, der Kampf des Niedrigen gegen alles Wahre, Gute, Schöne und Erhabene, ein Kampf, der an allen Fronten geführt wird und hier nur besonders augenfällig auftritt. Die neuen Prüden, fast ausschließlich Frauen, wollen Frauen nicht schön und erhaben, sondern vulgär, verkommen und herabgewürdigt sehen. Ein einziger Blick in eine Frauenzeitschrift wird das bestätigen.

Der moralische Verfall in der und durch die neue Prüderie, die durchaus nichts gegen nackte Brüste hat, so lange sie nur widerwärtig und obszön präsentiert werden, ist längst vollendet.

Friedrich Nietzsche brachte es in "Ecce homo - Wie man wird, was man ist" auf den Punkt: "Emancipation des Weibes - das ist der Instinkthass des missrathenen... Weibes gegen das wohlgerathene...".

Dante Gabriel Rossetti, Kreidezeichnung "Aspecta Medusa", der Anblick der Medusa.
John William Waterhouse, "Circe Invidiosa" poisoning the water to turn Scylla, Circe's rival for Glaucus, "into a hideous monster".
John William Waterhouse, "Circe Offering the Cup to Ulysses".
John William Waterhouse, "Medea".
Dante Gabriel Rossetti, "A Christmas Carol".
William Gorman, "Ophelia und Laertes".
Lawrence Alma Tadema, "'Nobody Asked You, Sir!' She Said".
Edward Burne-Jones, "The Beguiling of Merlin".
John Collier, "Priestess of Delphi".
John William Waterhouse, "Thisbe".
John Everett Millais, "Joan of Arc".
John William Waterhouse, "Gather Ye Rosebuds While Ye May".
Lawrence Alma Tadema, "The Golden Hour".
John William Waterhouse, "Cleoptara".
Aber es gibt auch Nacktheit, die bei den neuen Prüden keinen Anstoß erregt. Spiegelt sie doch das wieder, zu dem eine ganze Generation Frauen inzwischen verkommen ist. Zeigt sie doch unabhängige, starke, selbstbewusste Frauen in Wahrnehmung ihrer ihnen noch immer vorenthaltenen Rechte, und da ist selbst ein Kamelfuß noch ganz in Ordnung. Widerlich geht immer.

Schönheit liegt ja eh im Auge des Betrachters.

Brot, Sex und Spiele für den Pöbel

Jetzt ziehen sie also auch eine der ganz wenigen NUR schönen und NUR liebenswerten Ikonen der deutschen Trivialkultur in den Dreck. Sie können nicht anders.

Schreibt die WELT:
Fans der alten „Sissi“-Trilogie müssen tapfer sein. In der Hochzeitsnacht ziehen sich die Kaiserin von Österreich und ihr Franzl in ihr Gemach zurück, ihre Mütter nehmen im Vorzimmer Platz. Das ist so üblich, oder, um im Jargon zu bleiben, das ist Etikett'.

Doch die Frischvermählten fühlen sich nicht wohl dabei. Also fassen sie sich bei der Hand, verlassen – zum Entsetzen der Muttis – das Zimmer, treten in den Garten. Und lieben sich unter freiem Himmel. Wilder Sex im Schlosspark – toll trieben es die alten Habsburger.
Wie ungemein unkonventionell!

Geht das denn zumindest mit verbesserter historischer Information einher? Kaum. Aber "emanzipiert" musste schon sein. Tatsächlich war Elisabeth, wie so viele Bulimikerinnen, eine rücksichtslose Egomanin, die nur für ihre Schönheit lebte und froh war, als eine Andere ihr endlich die lästigen ehelichen Pflichten abnahm, die hätten nämlich ihre Frisur durcheinandergebracht. Aber "emanzipiert" kommt eben auch bei der letzten Dorftusse, die gerne eine Prinzessin wäre, immer gut an. Erinnert sich noch jemand an die missratene und auch ungemein "emanzipierte", Königin der Herzen? Mindestens 75% ihrer Popularität war der Tatsache zu verdanken, dass die "Frau mit Herz"-Leserinnen eine schamlose nicht von einer emanzipierten Frau unterscheiden kann. Und bestimmt hat diese "Sisi" auch Kröten über die Straßen geleitet und ihren Müll getrennt, schließlich war sie Deutsche.

Es bleibt die Frage, will man, und damit meine ich unsere, die Sissi-Generation, wirklich die Romanze dieses überreifen Konfirmanden und seines Mauerblümchens sehen?



Sind wir wirklich sexuell derart bedürftig geworden, dass uns Sexszenen mit Leuten, die man, nur hübscher, in jeder Kneipe zwischen Tirschenreuth und Westerstede treffen kann, TATSÄCHLICH interessieren?



WAS qualifiziert dieses, höflich gesagt, knappe Durchschnittsgesicht, eine schöne Frau wie die Kaiserin Elisabeth darzustellen? Und WAS will sie uns hier sagen? Ist das der Ausdruck für "seelenvoll" oder "trotzig"? Ach, irgendwie will ich es garnicht wissen.



Wie oft hat man sich geärgert, dass historische Persönlichkeiten im Film glamourifiziert wurden, und wenn es ausnahmweise einmal eine WIRKLICH schöne Frau darzustellen gilt, besetzt man ihre Rolle mit einem Trampel! Was haben die Filmemacher sich dabei GEDACHT? DENKEN sie überhaupt? HABEN sie ein Gehirn?



Konnte man nicht warten, bis die Letzten, die sich an diesen beiden schönen jungen Menschen erfreut haben, tot sind, statt uns mit derivativem Müll zu beleidigen? Niemand, der einmal in das liebreizende Gesicht der jungen Romy Schneider geschaut hat, wird je wieder seinen Standard nach unten schrauben wollen. Hollywood? Verglichen mit ihr war "Liz" Taylor eine vulgäre, dicke Vettel und Grace Kelly eine langweilige Ming-Vase - schön aber hohl.



Kitschig? Aber sicher, und das ist auch gut so!

Was mich aber am meisten ärgert, ist, dass es, nachdem ein Gott wie Walther Reyer den Grafen Andrassy dargestellt hatte ...



... ja es ist wirklich nicht zu fassen ...



... es nun auch ein ...



... Eintänzer aus der Fischbratküche tut.

Und in der Tat, er tut es ja auch. Und dazu auch noch unrasiert.

Nichts entlarvt die Arroganz, Verderbtheit und Hoffnungslosigkeit der verkommenen Eliten mehr, als dann, wenn sie dem dummen Pöbel "Unterhaltung" mundgerecht aufbereitet präsentieren. Es könnte ja irgendwo, irgendwann irgendjemand Freude an etwas einfach und wirklich Schönem haben, und das darf nicht sein.

(Eintrag vom Januar 2010.)